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Architekt der Angebotspolitik

Zum Tod von Gerhard Fels

Von Karl-Heinz Paqué (1)
im Juli 2025


Am 16. Juli 2025 verstarb Gerhard Fels im Alter von 86 Jahren. Er war in seiner aktiven Zeit als Professor der Volkswirtschaftslehre – von den frühen 1970er bis in die frühen 2000er Jahre – einer der einflussreichsten Berater der Wirtschaftspolitik in Deutschland, unter anderem als Führungspersönlichkeit in der Leitung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), als Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) und später als Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln). Vor allem war er einer der maßgeblichen Stimmen für eine wirtschaftspolitische Wende von der Dominanz keynesianisch inspirierter Nachfragepolitik zu einer stärker (neo-)klassisch begründeten Angebotspolitik. Gerhard Fels wurde in den siebziger Jahren zu einem Architekten dieser Angebotspolitik, die schließlich in der CDU/FDP-Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) sowie Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (FDP) und Finanzminister Gerhard Stoltenberg (CDU) ab 1983 aufs Gleis gesetzt wurde – wenn man so will: in einer bundesdeutschen Variante, die sich vom britischen Modell Margaret Thatchers und dem amerikanischen Modell Ronald Reagans wesentlich unterschied.

Ich habe Gerhard Fels lange und gut gekannt – seit 1977, als er sein Hauptstudium der Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität Kiel fortsetzte. Sein akademischer Lehrer wurde an erster Stelle Herbert Giersch, der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel. Aber wer wie ich dem Institut lange eng verbunden war – zunächst als Student und Hilfswissenschaftler, später als Assistent und schließlich als Leiter jener Forschungsabteilung, die einst Gerhard Fels „gegründet“ hatte –, der war stets auch mit dem Wirken und der Persönlichkeit von Gerhard Fels verbunden, und zwar auch noch, nachdem dieser 1983 Kiel in Richtung Köln zur Leitung des Instituts der deutschen Wirtschaft verließ. Hinzu kommt, dass Herbert Giersch 1998 eine Stiftung gründete, die seinen Namen trägt („Herbert Giersch Stiftung“), deren langjähriges Beiratsmitglied und zeitweiliger Beiratsvorsitzender Gerhard Fels wurde, während ich selbst die Stiftung als Vorstandsvorsitzender – mit einer berufsbedingten Unterbrechung von einigen Jahren – bis heute leite.

Neben der persönlichen Nähe gibt es einen sachlichen Grund, warum ein Giersch-Schüler wie ich geradezu zwingend auch ein Fels-Schüler ist. Es liegt an der Nähe und „Komplementarität“ (ein Lieblingsbegriff von Herbert Giersch) dieser großen Persönlichkeiten, die über fast eineinhalb Jahrzehnte den Wandel des volkswirtschaftlichen Zeitgeistes in der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich mitbestimmten, eben von der Nachfrage- zur Angebotspolitik. Dabei war Giersch so etwas wie der konzeptionelle Vordenker, stets innovativ und originell, aber nicht immer an allen Details und Konsistenz interessiert: ein Mann des großen gedanklichen Wurfs, aber nicht der präzisen inhaltlichen Umsetzung und empirischen Untermauerung. Diese hingegen lieferte – perfekt komplementär und in der Breite vermittelbar – sein Mitstreiter Gerhard Fels. Es hätte weder in der Wirtschaftswissenschaft noch in der Wirtschaftspolitik jemals so etwas wie eine „Kieler Schule“ gegeben, wäre nicht Gerhard Fels da gewesen, der die gemeinsamen Gedanken erdete und fundierte. Analoges gilt für die Leitung des Instituts für Weltwirtschaft.

All dies sind Gründe dafür, dass ich meinem Beitrag im Nachgang zum 100. Geburtstag von Herbert Giersch aus dem Jahr 2021 in den Perspektiven der Wirtschaftspolitik (2) an dieser Stelle einen – ähnlich strukturierten – Beitrag zum Tod von Gerhard Fels folgen lasse. Auch dieser Beitrag wird in hohem Maße subjektiv sein. Der Preis dafür ist ohne Zweifel eine mangelnde Objektivität der Darstellung, obwohl ich mir redlich Mühe gebe, in dieser Hinsicht nicht zu sündigen. Umgekehrt hat die persönliche Nähe den Vorteil, dass in den Beitrag einiges an Beobachtungen einfließt, die künftige Historiker interessieren könnten. Dies gilt vor allem für die Einordnung der „Kieler Schule“ in jenen großen Zusammenhang des wissenschaftlichen und wirtschaftspolitischen Diskurses, der sich damals abzeichnete. Da dieser in jüngster Zeit an neuerlicher Aktualität gewonnen hat, insbesondere durch die Auseinandersetzung um den richtigen Kurs der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik in Anbetracht von wirtschaftlicher Stagnation und hoher Staatsverschuldung, steckt dahinter nicht nur ein geschichtliches Interesse, sondern vielleicht auch eine indirekte Bedeutung für die Interpretation der derzeitigen Lage.

Wichtig ist schließlich eine zeitliche Beschränkung dieses Beitrags. Ich konzentriere mich auf jene Phase von Fels‘ Aktivität, die ich aus nächster Nähe persönlich miterlebt habe. Es sind fast exakt jene Jahre bis 1982/3, als Gerhard Fels das Institut für Weltwirtschaft Kiel verließ und nach Köln zur Leitung des Instituts der deutschen Wirtschaft wechselte. Es ist historischer Zufall, dass dies fast genau mit jenem Zeitpunkt zusammenfällt, zu dem die konzeptionelle Entwicklung der „Angebotspolitik“ à la Fels ihren Abschluss fand und deren politische Umsetzung auf Bundesebene begann.

Herkunft und Anfänge
 
Gerhard Fels kam am 17. Juni 1939 zur Welt. Er wuchs in Baumholder am südöstlichen Rand des Hunsrücks auf, besuchte nach der Volksschule das Göttenbach-Gymnasium im nahegelegenen Idar-Oberstein und legte dort im Frühjahr 1959 das Abitur ab. Sein Vater Karl Fels war selbständiger Landwirt und Besitzer eines Sägewerks, seine Mutter Frieda Fels, wie damals üblich, Hausfrau. Es ist keine nachträgliche Stilisierung, wenn man Gerhard Fels mithin als einen geradezu klassischen Sprössling des südwestdeutschen Bürgertums in einem Milieu des gewerblichen Mittelstands der späten vierziger und der fünfziger Jahre bezeichnet, der Zeit des sogenannten deutschen Wirtschaftswunders. Mir selbst ist dieses Milieu sehr vertraut, ich er wuchs eine gute halbe Generation später in genau diesem sozialen Klima auf: als Sohn eines Geschäftsführers einer kleinen privaten Brauerei im Familienbesitz in St. Wendel, nur wenige Kilometer südwestlich von Baumholder entfernt im nordöstlichen Saarland gelegen, geografisch und mental noch im Einzugsbereich des Hunsrücks.

Während der gemeinsamen Jahre im Institut für Weltwirtschaft und danach hatte ich reichlich Gelegenheiten, mit Gerhard Fels über dieses bürgerliche Milieu des äußersten Südwesten Deutschlands zu sprechen. Es war die Welt, die der Regisseur Edgar Reitz, der aus Morbach im Hunsrück stammt, in seiner grandiosen Fernsehserie „Heimat“ beschrieben hat. Auf der einen Seite herrschte eine Atmosphäre der etwas spießigen Provinzialität, geprägt auch durch die Abgelegenheit der Region von größeren urbanen Zentren, die ein dauerhafter wirtschaftlicher Nachteil blieb und das Gebiet des Hunsrücks schon immer zu einer Region der Auswanderung machte, im 19. und frühen 20. Jahrhundert vor allem in die Vereinigten Staaten, aber auch in die großen städtischen Zentren Deutschlands.

Auf der anderen Seite gab es – jedenfalls im gewerblichen Mittelstand – eine ausgeprägte Bereitschaft zu selbstverantwortlicher Leistung, zusammen mit einem nie hinterfragten Gespür für Leistungsgerechtigkeit. Dies fand ich bei Gerhard Fels genauso ausgeprägt wie bei meinem Vater, dem Brau-Unternehmer, und beide verband, was das Wirtschaftliche betrifft, eine tiefe liberale Überzeugung von dem Gebot, sich im Leben anzustrengen, gepaart mit ansonsten eher konservativen Grundwerten. Die politische Sympathie in der bundesdeutschen Parteienlandschaft ergab sich dabei fast von selbst: Sie galt den bürgerlichen Parteien FDP und CDU.

Gerhard Fels hielt an diesen Werten immer fest, ohne selbst – wie sein Vater, der als FDP-Mitglied in der Kommunalpolitik aktiv war – auf einer politischen Bühne zu kämpfen. Sein Wirkungskreis wurde und blieb die Wirtschaftswissenschaft, aber es gibt praktisch keine wirtschaftspolitische Empfehlung von ihm, die diesen liberal-konservativen Geist nicht widerspiegelt: Eigentum, Leistung, Selbstverantwortung und schließlich soziale Marktwirtschaft waren und blieben für ihn unverrückbare Selbstverständlichkeiten.

Biografisch folgte nach dem Abitur der Wehrdienst (zuletzt als Leutnant der Reserve) und ab 1960 das Studium der Volkswirtschaftslehre zunächst in Bonn und dann an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken, wo Fels 1965 eine Diplomarbeit bei Egon Sohmen zur Theorie des internationalen Faktorpreisausgleichs schrieb und 1969 von Herbert Giersch mit einer Dissertation zum Thema „Der internationale Preiszusammenhang“ promoviert wurde. Früh fällt also die Hinwendung zu Fragen der internationalen Wirtschaft auf, die zur damaligen Zeit noch keineswegs üblich war, aber bei den beiden herausragend innovativen akademischen Lehrern Egon Sohmen und Herbert Giersch zum Standard-Curriculum gehörte. Beide waren übrigens schon in den sechziger Jahren zur Zeit des Systems fester Wechselkurse von Bretton Woods starke Befürworter von mehr Flexibilität der Paritäten.

Auch privat kam es zu neuen Entwicklungen. Gerhard Fels heiratete 1962 in Baumholder Waltraut Endres. Die glückliche Ehe währte bis zu seinem Tod 2025, also 63 Jahre. Aus der Ehe von Waltraut und Gerhard Fels gingen drei Kinder hervor: Joachim Fels (*1962), Florian Fels (*1967) und Katrin Fels (*1970, später verh. Huppert). Aufregendes gibt es nicht zu berichten aus dem Familienleben, das bis 1969 in Saarbrücken und danach bis 1983 in Kiel und schließlich im Großraum Köln stattfand. Es verlief in jenen normalen Bahnen, die für ein harmonisches Heim einer gut situierten bürgerlichen Familie typisch sind. Bemerkenswert ist allenfalls die Studien- und Berufswahl des ältesten Sohnes Joachim Fels, der wie sein Vater Volkswirtschaft studierte und in den frühen neunziger Jahren zum Assistenten des inzwischen in Kiel emeritierten Herbert Giersch wurde. Danach folgte eine erfolgreiche internationale Laufbahn als renommierter Bankvolkswirt mit regelmäßigen Beiträgen zu geld-, währungs- und wirtschaftspolitischen Fragen in Qualitätsmedien,  zunächst als Chefökonom von Morgan Stanley in London und dann bei Pimco, Newport Beach, Kalifornien (USA).

Akademischer Lehrer und Forschungsmanager

Die enge Zusammenarbeit von Gerhard Fels mit Herbert Giersch begann. Gerhard Fels wurde bei Giersch Assistent am Institut für Europäische Wirtschaftspolitik an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken, arbeitete aber vier Monate des Jahres an der Vorbereitung des Jahresgutachtens des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, dessen (Gründungs-)Mitglied Herbert Giersch in dieser Zeit war. 1969 wurde Giersch dann neuer Präsident des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, und Fels folgte ihm dorthin, so wie eine ganze Reihe anderer Volkswirte aus dem Saarbrücker Umfeld von Herbert Giersch, darunter unter anderen Jürgen B. Donges, Hubertus Müller-Groeling und Klaus-Werner Schatz, die alle in der Zukunft Führungsaufgaben im Institut für Weltwirtschaft (IfW) übernahmen, gewissermaßen als „Team Giersch“.

Es ist nicht übertrieben, mit Gierschs Ankunft in Kiel von einer kompletten organisatorischen Umwälzung des IfW zu sprechen. Sie lief fast auf eine Neugründung des Hauses hinaus. Unter Gierschs legendärem Vorgänger Erich Schneider, der als deutscher Pionier die in der Nachkriegszeit neuen anglo-amerikanischen Theoriemodelle in die Volkswirtschaftslehre im Land der Historischen Schule eingeführt hatte, wurde das IfW als eine Art erweiterter Lehrstuhl geführt. Damit war es jetzt vorbei. Herbert Giersch hatte zwar weiterhin den Lehrstuhl für die gesamte Staatswissenschaft inne, so dessen noch traditionsgebundene Denomination, mit zwei um ihn angesiedelten Assistentenstellen, und er tat dies mit seinem kleinen Lehrstuhlteam aus dem ehrwürdigen Gebäude des IfW an der Kieler Förde heraus. Das IfW selbst wuchs allerdings in eine ganz neue Dimension hinein, mit mehreren Forschungsabteilungen, die sich wiederum aus jeweils kleinen Einheiten („Forschungsgruppen“) zusammensetzten. Das Außenbild wurde bei Giersch somit ein ganz anderes als noch bei Schneider: ein stark binnenstrukturiertes Institut, das auch einen kleinen – wenn auch renommierten – Lehrstuhl beherbergte. Der Institutspräsident war auch Lehrstuhlinhaber, nicht umgekehrt.

Die neue Dimension und die Abteilungsstruktur des IfW schufen neue Leitungsebenen, die wichtigste darunter die der – später fünf – Abteilungsleiter, die als „wissenschaftliche Direktoren“ firmierten. Gerhard Fels übernahm 1971 die Leitung der Abteilung „Struktur und Weltwirtschaft“, die dann als Abteilung I schnell eine Art Flaggschiff des IfW wurde, weil sie all jene Forschung abdeckte, die für das Wachstum und den Strukturwandel der deutschen Wirtschaft in der sich ändernden weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung von Bedeutung war. Der Zeitpunkt hätte kaum besser gewählt werden können, denn mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems, der dann folgenden ersten Ölkrise 1973 mit rasanter Inflationsbeschleunigung und einer sich anschließenden schweren Rezession sowie dem Bericht des Club of Rome zu den Grenzen des Wachstums 1972 stellten sich in schneller Folge grundlegende Fragen der Wirtschaftspolitik. Es ging darum, wie auf die Herausforderungen zu reagieren sein würde – nach dem Zusammenbruch der wirtschaftlichen Nachkriegsordnung sowie dem Ende des starken Wirtschaftswachstums mit Voll- oder sogar Überbeschäftigung und zuletzt scharf steigenden Reallöhnen.

Es deutete sich ein Epochenwechsel an, der weltwirtschaftlich und nicht nur binnenwirtschaftlich zu verstehen war. An diesem Komplex von Fragestellungen war auch die Politik in der Ära der sozialliberalen Koalition höchst interessiert. Entsprechend großzügig versprach der potenzielle Zuwachs an öffentlichen Mitteln für Forschungsprojekte zu werden. Dafür brauchte man starke Forschungsmanager. Gerhard Fels erwies sich mit seinem wissenschaftlichen Hintergrund und seinen Führungsqualitäten dafür als bestens geeignet. Seine Fähigkeiten in der Forschungsleitung des IfW schätzte Herbert Giersch so sehr, dass er ihn 1976 zum stellvertretenden Präsidenten des Instituts machte. Spätestens von diesem Zeitpunkt an, aber faktisch wohl schon früher nahm Gerhard Fels im Kreis der IfW-Abteilungsleiter die Rolle des „primus inter pares“ ein, die er bis zu seinem Wechsel nach Köln 1983 behielt.

Mehr als das: Es ist nicht übertrieben festzustellen, dass innerhalb des IfW in jener Zeit die wissenschaftliche Geschäftsführung weitgehend bei Gerhard Fels lag. Herbert Giersch war ein überaus starker Präsident, was die gedankliche Vorbereitung und effektvolle Präsentation innovativer Ideen betrifft. Diese besprach er oft zunächst in relativ kleinem Kreis rund um seinen Lehrstuhl, wobei seine Assistenten als intellektuelle Versuchskaninchen dienten, an deren Reaktionen und Gegenargumente er abschätzen konnte, ob er einigermaßen richtiglag. Erst dann ging er – auch innerhalb des Instituts – in die Offensive. Sein Verhältnis zu vielen Forscherinnen und Forschern im Haus blieb dabei aber in der Regel relativ distanziert.

Anders bei Gerhard Fels. Er stand als stellvertretender Institutspräsident und Leiter einer zentralen Abteilung faktisch an der Spitze der eigentlichen Forschungstätigkeit des Hauses und deren Formulierung für die Öffentlichkeit. Er kannte deshalb die Fähigkeiten der Mitarbeiterschaft aus nächster Nähe und der täglichen Arbeit. Vor allem legte er dabei Wert auf eine klare sprachliche Präsentation der Ideen – stets allgemeinverständlich, manchmal sogar mit überdeutlichen oder gar rustikalen Formulierungen, und mit weit weniger gewollt originellen Wortschöpfungen, wie sie Herbert Giersch gerne prägte. Gerade jene Forscherinnen und Forscher, die für die wirtschaftspolitisch sensible Öffentlichkeit überzeugend formulierten, wurden von Gerhard Fels besonders geschätzt und gefördert. Deren Zahl stieg mit der Zeit, und dies war zweifellos eines seiner großen Verdienste.

Natürlich stand er damit nicht allein, sondern seine Abteilungsleiter-Kollegen setzten ähnliche stilistische Prioritäten, und das kam dem öffentlichen Einfluss des IfW zugute. Die wirtschaftspolitische Botschaft des Hauses war dabei im Wesentlichen einheitlich, was den Ruf der „Kieler Schule“ nachhaltig prägte: als Hort der Marktwirtschaft, des freien Handels und der weltwirtschaftlichen Integration. In einzelnen Themen gab es jedoch durchaus harte Auseinandersetzungen, vor allem was den Grad der Radikalität der Botschaft betrifft. Hier plädierte Gerhard Fels – wohl auch ab 1976 als Mitglied des Sachverständigenrats – zwar für eine deutliche, aber nicht dogmatische Tonalität.

So kam es auf dem Höhepunkt der Inflationsbekämpfung Ende siebziger Jahre zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen Norbert Walter, dem Leiter der Konjunkturabteilung und bekennenden Monetaristen, und Gerhard Fels, der für ein breiteres Bild der angebotspolitischen Botschaft plädierte und mehr Sensibilität anmahnte. Herbert Giersch stand dabei auf der Seite von Fels, zumal er an den aus seiner Sicht allzu „mechanistischen“ modellbasierten ökonometrischen Prognosen der Konjunkturabteilung unter Norbert Walter gelegentlich Zweifel hatte. Der Konflikt bewegte sich allerdings in einem moderaten Rahmen. Ganz gelöst wurde er im Hause erst, als Gerhard Fels 1983 zum Institut der deutschen Wirtschaft in Köln wechselte und Norbert Walter 1987 Chefökonom der Deutschen Bank wurde.

Gerhard Fels war auch akademischer Lehrer an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel,
als Honorarprofessor von 1974 bis 1985. In dieser Rolle habe ich ihn im Wintersemester 1977/78 kennengelernt. Ich war damals neu eingeschriebener Student des Hauptstudiums im Fach Volkswirtschaftslehre und besuchte sein Seminar zur Wirtschaftspolitik – noch bevor ich es wagte (und dies galt in der Studentenschaft als Wagnis"), im Sommersemester 1978 an einem Seminar zur weltwirtschaftlichen Entwicklung von Herbert Giersch teilzunehmen.

Unvergesslich sind dabei die unterschiedlichen Eindrücke von den Persönlichkeiten und ihrem didaktischen Stil: Beide argumentierten auf hohem Niveau und stringent; und sie verlangten Entsprechendes von ihren Studierenden. Allerdings war der Alters- und Mentalitätsunterschied zwischen beiden deutlich spürbar: Herbert Giersch war durchaus im traditionellen Stil autoritär und erlaubte sich manchmal schneidende bis verletzende Reaktionen, die bei sensibleren Studierenden Wunden hinterließen; Gerhard Fels dagegen war viel verbindlicher in Ton und Umgang, aber in der Sache nicht weniger hart und mit gelegentlichem Aufbrausen, das aber weit versöhnlicher daherkam als die Schärfe eines Herbert Giersch.

Thematisch war ihre Didaktik kongruent und komplementär zugleich: kongruent, weil beide stets in weltwirtschaftlichen Zusammenhängen argumentierten; komplementär, weil Giersch stärker die globalen Kräfte in den Blick nahm, Fels dagegen mehr den nötigen Strukturwandel der deutschen Wirtschaft – wohl auch ein Spiegelbild seiner Tätigkeit im Sachverständigenrat, dem er ab 1976 angehörte. Dort entwickelte er auch seinen wohl grundlegendsten Beitrag zur deutschen volkswirtschaftlichen Diskussion: die Konzeption der Angebotspolitik. Für die Studierenden war es natürlich eine großartige Bereicherung, in seinem Seminar oder in seiner Vorlesung aus erster Hand über diese gedanklichen Innovationen informiert zu werden und mitunter darüber mit ihm zu diskutieren. Dabei spielte auch eine Rolle, dass er sich – vielleicht mehr noch als Giersch – die wirtschaftspolitische Expertise im Haus zunutze machte. So betreute das Seminar, das ich im Wintersemester 1977/8 bei Fels belegte, der IfW-Forscher Wolf-Dieter Zumpfort, ein stark politisch sensibilisierter promovierter Volkswirt, der im April 1979 für den verstorbenen FDP-Abgeordneten Walter Peters in den Bundestag nachrückte, zur Bundestagswahl 1980 wiedergewählt wurde und sich später in der Landespolitik Schleswig-Holsteins engagierte. Es ging im Seminardiskurs bei Fels keineswegs nur um „graue Theorie“, sondern um sehr konkrete praktische Wirtschaftspolitik.

Angebots- und Standortpolitik

In seinem Jahresgutachten 1976 – dem ersten, an dem Gerhard Fels als Mitglied mitwirkte – empfahl der Sachverständigenrat mit Nachdruck den Wechsel von einer nachfrage- zu einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik und skizzierte letztere in den Grundzügen. Ihr Kern, in ökonomischer Sprache zusammengefasst: Erhöhung der Elastizität des gesamtwirtschaftlichen Angebots an Waren und Dienstleistungen, damit ein Nachfrageschub – von wo auch immer kommend, export-, investitions- oder konsumgetrieben oder durch höhere Staatsausgaben veranlasst – zu mehr realer Wertschöpfung und nicht zur Preisinflation führt.

Hintergrund für die Empfehlung war die Lage Deutschlands und der gesamten marktwirtschaftlichen westlichen Welt nach der bis zu diesem Zeitpunkt mit Abstand schwersten Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, die im Gefolge der Ölkrise 1973 im darauffolgenden Jahr 1974 einsetzte und 1975 ihren Tiefpunkt erreichte. Versuche der staatlichen Konjunkturbelebung wie in der scharfen, aber kurzen Rezession 1967 schlugen fehl und führten nur zu Stagflation, also stärkerer Preisinflation bei nur schwachem Wirtschaftswachstum. Hinter dem Plädoyer für die Angebotspolitik stand die Diagnose, dass der massive Anstieg der Öl- und Rohstoffpreise auf den Weltmärkten – fast parallel zu Lohnerhöhungen in zweistelliger Größenordnung in Deutschland selbst – vor allem für die Industrie einen starken Kostenschub verursachte, der nicht annähernd auf die Kunden abzuwälzen war und damit Produktion und Beschäftigung einbrechen ließ. Das zentrale Problem lag demnach eindeutig auf der Kosten- und Angebotsseite und musste deshalb eben auch dort bekämpft werden.

Aus der heutigen Perspektive – im Rückblick von fünf Jahrzehnten – erscheint diese Diagnose wenig originell und fast schon trivial. Das war sie aber damals überhaupt nicht. Man muss sich nur daran erinnern, dass in den makroökonomischen Standardlehrbüchern der Volkswirtschaftslehre seinerzeit gesamtwirtschaftliche Angebotskurven gar nicht existierten, also implizit als horizontal angenommen wurden. Eine mehr oder weniger preiselastische Angebotskurve („upward-sloping aggregate supply curve“), in heutigen Lehrbüchern selbstverständlich, gab es nicht, und mithin bei Nachfragesteigerungen auch keinen „Trade-off“ zwischen gesamtwirtschaftlichem Produktionsniveau und Preisstabilität. Das kam erst später – als Ergebnis der Diskussion jener Jahre. Zwar bestritt natürlich niemand die ökonomische Bedeutung von Produktionskosten, doch ihre Analyse war in die Mikroökonomik verbannt, deren Ergebnisse allein für die Effizienz der Allokation, aber nicht für das gesamtwirtschaftliche Aktivitätsniveau relevant waren. Die Makroökonomik war also tatsächlich, wie Giersch es gelegentlich formulierte, keynesianische „Depression economics“ für eine Welt mit extrem unterausgelasteten Kapazitäten, ohne jede differenzierte Modellierung der Angebotsseite.

Dieser Zustand wirkte sich fatal auf die wirtschafts- und finanzpolitische Diskussion aus. Er verzerrte sie massiv in Richtung keynesianischer Nachfragesteuerung. Es fehlte von vornherein das Problembewusstsein. Dieses führte dann der Sachverständigenrat ein – offenbar vor allem auf Initiative von Gerhard Fels, aber mit Einverständnis der vier prominenten Kollegen Armin Gutowski, Norbert Kloten, Gerhard Scherhorn und Olaf Sievert. Damit war die Diskussion plötzlich aus ihrer bisherigen Eindimensionalität befreit. Es ließ sich nun darüber fruchtbar streiten, wie groß die Elastizität des gesamtwirtschaftlichen Angebots tatsächlich war oder sein sollte, und das lieferte eine neue Grundlage für die in den nächsten Jahren folgenden Kontroversen.

Diese Kontroversen wurden lebhaft. Sie zogen sich ab 1976 durch die zweite Hälfte der siebziger Jahre und beschränkten sich keineswegs auf Deutschland, sondern fanden auf internationalen Bühnen statt. Aus der Europäischen Gemeinschaft und den USA gab es massiven Druck auf Deutschland, eine geld- und fiskalpolitisch gesteuerte Expansion zu betreiben, da das Land noch immer im internationalen Vergleich eine relativ niedrige Inflationsrate und einen Leistungsbilanzüberschuss aufwies. Man nannte dies damals die „Lokomotiven-Theorie“: Deutschland sollte als keynesianische Lokomotive der Weltwirtschaft wirken. Tatsächlich gab es dann diese offensive Nachfragepolitik unter der SPD/FDP-Bundesregierung von Bundeskanzler Helmut Schmidt – übrigens kritisch begleitet von Giersch und Fels aus dem IfW. Sie führte 1978 und 1979 zu den ersten Leistungsbilanzdefiziten Deutschlands seit langer Zeit bei wieder anziehender Inflation, nach deren zwischenzeitlichem Rückgang.

Eine erste radikale Wende kam schließlich im Mai 1979, als im Vereinigten Königreich die Konservative Margaret Thatcher als neue Premierministerin ein dezidiert angebotspolitisches Programm initiierte, und wenige Monate später im Gefolge der globalen Inflationsbeschleunigung nach dem zweiten großen Ölpreisschub die amerikanische Zentralbank unter ihrem neuen Chef Paul Volcker zu einer scharf restriktiven Geldpolitik überging, um der Inflationsbekämpfung weithin erkennbar absolute Priorität einzuräumen. Es folgte ein Jahr später die Wahl des Republikaners Ronald Reagan zum amerikanischen Präsidenten, der wie Thatcher auf angebotspolitische Rezepte setzte, dies allerdings – anders als Thatcher – mit einer hohen zusätzlichen Staatsverschuldung zur Finanzierung einer militärischen Aufrüstung und von Steuersenkungen kombinierte. Bei gleichzeitig höchst restriktiver Geldpolitik trug dieser „Policy mix“ (später „Reaganomics“ genannt) maßgeblich zu extrem hohen Zinsen, einem massiven Anstieg des Dollarkurses und zur zweiten schweren globalen Rezession innerhalb weniger Jahre bei. 

Spätestens 1980 gab es also im anglo-amerikanischen Raum erste Umsetzungen der Angebotspolitik, allerdings zugeschnitten auf die jeweiligen Volkswirtschaften mit ihren spezifischen Problemlagen. In Deutschland dagegen setzte sich die Diskussion fort. Sie führte alsbald nach der Bundestagswahl 1980 zu einer zunächst schleichenden und dann offenen Regierungskrise, die sich neben der geo- und sicherheitspolitischen Frage der Nachrüstung vor allem um den Umgang mit der sich verschärfenden Wirtschafts- und Finanzkrise drehte. Das sogenannte Lambsdorff-Papier vom September 1982 brachte dabei die Diskussion provokant auf den Punkt, weil darin ein prominentes Regierungsmitglied, Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (FDP), eine umfassende Umorientierung in Richtung Angebotspolitik als Antwort auf die Herausforderungen forderte. Er wurde dadurch zur politischen Leitfigur jener Wende, die schließlich zum Ende der SPD/FDP-Koalition, zu Neuwahlen und im Jahr 1983 zur Bildung der CDU/FDP-Koalition führte, die dann bis 1998 regierte.

Wissenschaftlich war ohne Zweifel das IfW in dieser Zeit in Deutschland eines der führenden intellektuellen Zentren, in denen über eine Neukonzeption der Wirtschafts- und Finanzpolitik nachgedacht wurde. Eine Fülle von Publikationen wurden dazu vorgelegt, eine große Zahl von Konferenzen und Workshops abgehalten. Eine Art programmatisches Resümee liefert ein Buch, herausgegeben im Jahr 1983 von Herbert Giersch, aber inhaltlich und kommunikativ über Jahre vorbereitet und in Einzelteilen vorab zirkuliert. Sein Titel: „Wie es zu schaffen ist – Agenda für die deutsche Wirtschaftspolitik“ (3). Auf 368 Seiten erörtern darin in 16 Beiträgen 16 Autoren, sieben davon aus der „Kieler Schule“ des IfW, verschiedene Fragen aus der ganzen Skala der Angebotspolitik. Das Buch liefert vielleicht die umfassendste Darstellung der wirtschaftspolitischen Konzeption einer deutschen Angebotspolitik – in Verwandtschaft, aber auch in Abgrenzung zu der anglo-amerikanischen Variante der damaligen „Supply side economics“.

Nicht dürfte nicht überraschen, dass es Herbert Giersch und Gerhard Fels sind, die einleitend mit zwei wegweisenden Beiträgen die Richtung zeigen. Gierschs Aufschlag mit dem Titel „Beschäftigung, Stabilität, Wachstum – wer trägt die Verantwortung?“ setzt den Rahmen, indem er die damals intensiv debattierten Zielkonflikte in der Wirtschafts-, Finanz-, Tarif- und Wechselkurspolitik ausbreitet. Er stellt die Frage nach der Rolle von Löhnen, Zinsen und Wechselkursen in der Bestimmung von Beschäftigungs- und Preisniveau sowie außenwirtschaftlichem Gleichgewicht und Wachstum der Wirtschaft und beantwortet sie ganz im Sinn der Angebotspolitik. Gerhard Fels folgt mit einem längeren Beitrag unter dem programmatischen Titel: „Angebotspolitik aus unserer Sicht“. Er resümiert auf 21 Seiten die zentralen Elemente dessen, was im Verständnis der „Kieler Schule“ wirtschaftspolitisch in Deutschland geboten ist: beschäftigungsorientierte Lohnpolitik, stabilitätsgerechte Geldmengensteuerung, Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und Maßnahmen zur Forcierung der wirtschaftlichen Dynamik, allen voran Steuersenkungen zur Stärkung der unternehmerischen Investitions- und Innovationskraft sowie die Erleichterung von Unternehmensgründungen. Besonderes Gewicht legt er auf die Deregulierung und Entbürokratisierung, die bessere steuerliche Behandlung der Unternehmensfinanzierung durch Eigen- und Risikokapital sowie beschäftigungsfördernde Lohnabschlüsse der Tarifparteien in einem möglichst liberalisierten Arbeitsmarkt.

Bei Durchsicht der Forderungen von Gerhard Fels fällt auf, dass sie über die folgenden Jahrzehnte bis heute aktuell geblieben sind. Der Begriff „Angebotspolitik“ wurde dabei zunehmend durch „Standortpolitik“ ersetzt – übrigens auch von Gerhard Fels selbst, ohne dass es einen substanziellen Bedeutungsunterschied der beiden Begriffe gibt. Natürlich hat es Verschiebungen der Akzente innerhalb der Forderungen nach Angebots- bzw. Standortpolitik gegeben, auch als Ergebnis der – beschränkten – angebotspolitischen Umsetzung der anschließend folgenden CDU/FDP-Koalition, aber auch durch die Folgen der deutschen Wiedervereinigung 1990, der Einführung des Euros Ende des Jahrhunderts sowie der bis zur Weltfinanzkrise 2008ff beschleunigten Globalisierung danach.

All dies sorgte für eine noch stärkere Abwendung vom Geist jener „korporativen“ Zusammenarbeit von Staat, Zentralbank und Tarifparteien, die 1983 im Nachhall der Versuche einer „Konzertierten Aktion“ aus den späten sechziger Jahren noch spürbar war. Man könnte sagen: Die angebotspolitische Verantwortung des Staates hat sich inzwischen noch mehr auf die institutionellen, rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen konzentriert, als dies seinerzeit der Fall war. Dies tut aber der aktuellen Bedeutung der Interpretation von Gerhard Fels keinen Abbruch. Eher im Gegenteil: Je mehr zwischenzeitlich die Kräfte des Korporatismus durch externe Einwirkungen geschwächt wurden, umso stärker traten die Schwächen der angebots- und standortpolitischen Rahmenbedingungen hervor, und diese werden nun mal vom Staat (und sonst von niemandem) politisch gesetzt.

Tatsächlich erörtern auch in dem Buch „Wie es zu schaffen ist – Agenda für die Wirtschaftspolitik“ von 1983 die Autoren ein überaus breites Spektrum an speziellen Reformaufgaben für den Staat in den unterschiedlichsten Gebieten. Die meisten davon sind bis heute hochaktuell: von der Alterssicherung über die Arbeitsmarktpolitik, die Bildung, den Finanzausgleich bis zu Krankenversicherung, Steuerpolitik, Umweltschutz, Verkehrsinfrastruktur und Vermögensbildung. Eigentlich fehlt nur die Digitalisierung, deren transformative Bedeutung erst ab den neunziger Jahren wirklich deutlich wurde.

Ein Blick auf die Liste der Autoren des Buches liefert übrigens eine hochinteressante Auswahl all jener prominenten Ökonomen, die damals bei der wissenschaftlichen Propagierung der Angebotspolitik in Deutschland besonders aktiv waren, auch weiter entfernt vom IfW in marktwirtschaftlich orientierten intellektuellen Zirkeln wie zum Beispiel dem „Kronberger Kreis“. Neben Herbert Giersch und Gerhard Fels waren dies – in alphabetischer Reihenfolge – Holger Bonus, Johann Eeckhoff, Wolfram Engels, Eduard Gaugler, Walter Hamm, Klaus-Dirk Henke, Eckhard Knappe, Ulrich Koester und Carl-Christian von Weizsäcker sowie aus dem IfW Alfred Boss, Juergen B. Donges, Klaus-Werner Schatz, Rüdiger Soltwedel und Roland Vaubel.

Gerhard Fels war übrigens zum Zeitpunkt der Publikation des Buches „Wie es zu schaffen ist – Agenda für die deutsche Wirtschaftspolitik“ nicht mehr am IfW tätig, sondern am Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Die angebots- und standortpolitische Priorität seiner Kieler Arbeit setzte er dort als Direktor bis 2004 noch verstärkt fort, was nach einhelliger Meinung dem Kölner Institut einen zunehmend prominenten Platz in der allgemeinen wirtschafts- und finanzpolitischen Diskussion in Deutschland sicherte. Ich selbst habe dies nicht mehr aus der Nähe verfolgt; deshalb betrachte ich es nicht als meine Aufgabe, darüber zu berichten.

Festzuhalten bleibt: Mit dem Jahr 1983 hatte sich die Angebots- und Standortpolitik als fester Bestandteil des öffentlichen Diskurses auch in Deutschland durchgesetzt. Und dies war in hohem Maße das Verdienst von Gerhard Fels.

 

1) Karl-Heinz Paqué ist Professor der Volkswirtschaftslehre (emer.) und Vorstandsvorsitzender der Herbert Giersch Stiftung. Von 1996 bis 2023 war er Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Wirtschaft an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Inspiriert durch seine akademischen Lehrer Herbert Giersch und vor allem Gerhard Fels, den Architekten der Angebotspolitik, ist er seit 2002 als Liberaler auch politisch tätig geworden, unter anderem 2002–2006 als Finanzminister des Landes Sachsen-Anhalt, seit 2018 als Vorstandsvorsitzender der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und seit 2024 als Präsident der Liberalen Internationale.

2) Karl-Heinz Paqué (2021), Vordenker der Globalisierung: Zum Gedenken an Herbert Giersch, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 22(4), S. 278–86.

3) Herbert Giersch (Hrsg.)(1983), Wie es zu schaffen ist: Agenda für die deutsche Wirtschaftspolitik, Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt.